Nutzen der Methoden
Im Gegensatz zu vielen früher benutzten Schmerzmodellen korrelieren unsere algesimetrischen Methoden zur Messung der Minderung der Nociception unter Analgetikagabe sehr gut mit klinisch gewonnenen Daten. Trotzdem dient unser experimenteller Ansatz an gesunden Freiwilligen nicht als vollständiger Ersatz für Patientenstudien. Unserer Verfahren sind jedoch genauer, schneller, und kostengünstiger in der Studiendurchführung und in der Ermittlung der Dosis-Wirkungs- sowie Zeit-Wirkungsbeziehung neu entwickelter Substanzen oder Substanzformulierungen oder Substanzkombinationen. Dies hilft den zeitlichen und finanziellen Aufwand bei der Planung und Durchführung von umfangreichen Patientenfolgestudien zu reduzieren. Darüber hinaus können unsere Modelle kurzfristig Daten für die PoC-Ansätze und zur Abgrenzung von neuen Substanzkandidaten generieren.
Prinzip der Methoden
Standardisierte Schmerzreizerzeugung: Definierte thermo-nociceptive CO2-Laserimpulse werden berührungsfrei auf normale oder gereizte Haut (z.B. mit UVB-Bestrahlung, topischer Capsaicinlösung vorbehandelt) appliziert (siehe auch Laser Principle). Diese Reize selbst unterliegen ihrerseits keiner inhärenten Placebowirkung bei der Applikation.
Objektiv-quantitative Laser Algesimetrie: Die nociceptive Verarbeitung wird mittels (gefilterter und gemittelter) reizbezogener (Laser-/ thermo-nociceptiv-) evozierter Potentiale (LEPs) aus dem Vertex-EEG untersucht (siehe Abb. links).
Subjektiv-quantitative Algesimetrie: Der empfundene Schmerz wird zusätzlich durch die subjektive Beurteilung der Probanden (mittels visueller Analogskalen, VAS) und/oder die reizabhängige Ermittlung von psychophysikalischen Daten (z.B. durch diverse Schwellenbestimmungen, QST) als Brücke zu den subjektiv-klinischen Schmerzerlebnissen von Patienten untersucht.
Hyperalgesie-Induktion: Die Exposition/ Sensibilisierung der Haut mit UV-Bestrahlung (überwiegend periphere Hyperalgesie) oder mit topischer Capsaicinlösung (siehe Abb. links mit gemischt peripher-spinaler Hyperalgesie), mit erhöhtem und länger anhaltendem (spinal-zentralem) nociceptiven Einstrom, erleichtert die Unterscheidung auch von nur mäßig unterschiedlichen analgetischen Effekten durch eine höhere Auflösungsdynamik.
Begleitende Messung der entzündungshemmenden Effekte: Bei der Anwendung/ Untersuchung von NSAIDs und ähnlicher (anti-inflammatorisch wirkenden) Substanzen kann deren anti-entzündlicher Effekt quantitativ mit Hilfe der Haut-Reflexions-Spektrometrie (z.B. zur Erythemintensitätsmessung auf UV- bzw. capsaicin-irritierter Haut).
Referenzdaten
Sowohl zentrale wie auch periphere analgetisch/ anti-hyperalgetisch Substanzeffekte konnten dargestellt und unterschieden werden. Bisher wurden mehr als 50 algesimetrische Studien durchgeführt. Daten für systemisch verfügbare Analgetika der verschiedensten Typen (NSAIDs, siehe Abb. links, Opiate/ Opioide, Antiepileptika, Antidepressiva, Antihistaminika, Gaba-erge Substanzen) wie auch für topisch applizierte Analgetika, Antihistaminika und Lokalanästhetika u.a. stehen zur Verfügung. Siehe auch unsere Database analgesics LSEP_HPR.
Vorteile der Methoden
Die bei HPR eingesetzten algesimetrischen Methoden zeigen im Gegensatz zu „Schmerzmodellen“ in Patienten sehr geringe Varianzen; so können schon kleine Substanz- oder Dosisunterschiede mit wenigen Probanden und geringem Kostenaufwand gezeigt werden. Dies beruht v.a. auf folgenden Grundzügen unserer Methoden:
- Die nociceptive Reizintensität (Laser) wird über die gesamte Studiendauer konstant gehalten.
- Die Reizintensität wird an die individuelle Schmerzschwelle angepasst und fixiert.
- Die nociceptiven Einzelreize werden zur Vermeidung von “Erwartungshaltungen” und von Toleranzentwicklungen (Habituation) in randomisierten Zeitintervallen und nach jeweiligem Reizortwechsel dargeboten.
- Der Wachheits-/ Aufmerksamkeits-/ Distraktionsgrad der Probanden wird während der experimentellen Schmerzmessung durch eine permanent durchzuführende Auge-Hand-Koordinationsaufgabe (Pursuit-Tracking) und akustisch durch die Darbietung von binauralem „weißem Rauschen“ (mit 80-90dBA) stabil gehalten.
- Die mittels (objektiv-quantitativer) evozierter Potentiale gewonnenen Aufzeichnungen der nociceptiven Reizung zeigen von Natur aus eine deutlich geringere Varianz als die subjektive Einschätzung nociceptiver Einflüsse.
- Die Studien können in einem ethisch-vertretbaren intra-individuellen Crossover-Ansatz an einem relativ kleinen Probandenkollektiv durchgeführt werden. Patienten-Studien sind meist in einem eher problem-behafteten Paralleldesign angelegt.
- Das Laser-Stimulationsmodell per se weist keinen inhärenten Placeboeffekt auf.
Zwischen 20 bis 30 Sitzungen können pro Stunde (im 2 bis 3 Minutenabstand) bei EP-Messungen durchgeführt werden. So kann z.B. der Zeitverlauf des analgetisch/ anti-hyperalgetischen Effekts mit hoher Auflösung erfasst werden („Fast-onset“ Paradigma). Die CO2-Laser-induzierte Nociception unterliegt, im Gegensatz zur Schmerzinduktion durch Elektrostimulation oder Wärme-/ Hitzeapplikatoren („Thermoprobes“) keiner oder einer nur geringen Habituation und auch nicht den Einflüssen veränderter lokaler hyperämischer Einwirkungen (wie z.B. bei Erythemen nach UV- oder Capsaicinapplikation). So können auch lang anhaltende analgetisch/anti-hyperalgetische Effekte zuverlässig gemessen werden (z.B. bei retardiert freisetzenden Medikamenten). Die kurzen (nur 50-80ms dauernden), berührungslos applizierten Laserimpulse reizen selektiv die thermo-nociceptiven Rezeptoren (vom TRPV1-3 Typ) über hitzeempfindliche Ionenkanäle (A-delta und C-Fasern). Dies steht in deutlichem und prinzipiellem Gegensatz zu den unspezifischen, artefaktbehafteten (Misch-) Rezeptor-reizungen – z.B. bei der Elektrostimulation.
Optionen
- Unterscheidung (auch) von moderaten und nur geringfügig unterschiedlichen anti- nociceptiven/ anti-hyperalgetischen Effekten von analgetisch wirkenden Substanzen, sowie von Dosierungen und von Kombinationen
- Messungen des Zeitverlaufs des anti-nociceptiven/ anti-hyperalgetischen Effektes von Substanzen oder deren speziellen Formulierungen (“immediate”/IR oder “prolonged” release/PR)
- Bestimmung der Dosis-Wirkungsbeziehung von Entwicklungs-/ Prüfsubstanzen
- Ermittlung des Wirkanteils von Einzelkomponenten zum analgetischen (Gesamt-) Effekt von Substanzkombinationen
- Gleichzeitige Bestimmung des Einflusses der Substanzen auf entzündliche Effekte, auf den Wachheitsgrad/ Vigilanz/ Performance, sowie auf pharmako-kinetische Komponenten/ Interaktionen (pk/pd)
Das UVB– und das Capsaicin-Modell:
Erzeugung entzündlicher und neurogener Hyperalgesie (kombiniert mit objektiv-quantitativer anti-nociceptiver Messung mit Laser-Algesimetrie)
Nutzen der Methoden
In den verschiedensten klinischen, schmerzhaft-entzündlichen Zuständen spielen die neurogene Entzündung und die entzündliche Hyperalgesie eine wichtige Rolle. „Akuter“ Schmerz (etwa entsprechend post-traumatischem und post-operativem Schmerz) und dessen Behandlung wird im Modell am Besten durch die UV-Applikation, mit ihrer primär „peripheren“ hyperalgetischen Komponente, wiedergegeben (siehe Abb. links mit UV- Haut und Opiat-Anwendung). Darüber hinaus schließen klinische Krankheitsbilder, die lang anhaltende Schmerzen verursachen (etwa Rückenschmerzen, Arthrosen, Neuropathie), „zentrale“ Hyperalgesiemechanismen ein. Capsaicinanwendung (intrakutan oder topisch) ist hierzu ein weitverbreitetes und akzeptiertes Modell zur Erzeugung neurogener Entzündung und Hyperalgesie das bedeutende „spinal/ zentrale“ Komponenten im Sinne der letzteren Erkrankungen enthält. Der hemmende Effekt von Prüfsubstanzen auf die neurogene Entzündung und die akute inflammatorische Hyperalgesie ermöglicht einen positiven Ausblick auf deren mögliche Wirkungen in diversen klinischen Anwendungen. Zum „UV-Modell“ sei noch bemerkt, dass „Sonnenbrand“ eine „echte“ Krankheit darstellt (mit den entsprechenden entzündlichen Abläufen der Cyclooxygenase-Kaskade) und somit bei zusätzlicher nociceptiver Stimulation eine klinische, patientengerechte Annäherung an den „akuten“ Schmerz darstellt (“healthy-patient concept”).
Prinzip der Methoden
Bei HPR wird zur Sensibilisierung der Haut die lokale UVB-Bestrahlung (mit einem Bereich von etwa 290-320nm im sichtbaren Spektralbereich des Lichtes) der Haut mit der 2- bis 3-fachen individuellen MED (Minimalen Erythem Dosis) zur Hyperalgesieerzeugung auf einer Fläche von 5cm2 benutzt, sowie die topische und okklusive Anwendung von 1%-iger alkoholischer Capsaicinlösung für 30min.
Die Effekte einer Prüfsubstanz auf die Nociception und Hyperalgesie, basierend auf induzierter neurogener und inflammatorischer Hyperalgesie, können durch die objektiv-quantitative Methode der Laseralgesimetrie (siehe auch die separate Beschreibung unter „Algesimetrie“), die Messung der Rötung/“redness“ der UV- und Capsaicin-induzierten Entzündung durch die Haut-Reflexions-Spektrometrie (Erythemmessung mittels a-Wert des CIE-Lab-Systems, siehe Abb. links mit Erythemminderung durch zwei verschieden Dosierungen eines NSAID’s) und die Fläche des capsaicin-induzierten Flare-(Rötungs-)Areals durch Computer-Planimetrie bestimmt werden.
Referenzdaten
Daten für das UV- und das Capsaicin-Modell liegen als erfolgreicher Standard für unspezifische COX-Inhibitoren, selektive COX2-Hemmer, EP4- und TRPV1-Inhibitoren, zentral wirksame Analgetika (Opiate, Opioide, Cannabinoide) sowie für Antiepileptika, Antidepressiva und Antihistaminika vor.
Vorteile der Methoden
Der Zustand der UV-induzierten Hyperalgesie orientiert sich sehr nahe an klinischen Bedingungen, wie akut post-traumatischen und post–operativen Zuständen, (zudem stellt der „Sonnenbrand“ ein echtes Krankheitsbild mit der relevant ablaufenden Cyclooxygenase-Kaskade dar und ist nicht nur ein „Modell“), während die Capsaicin-induzierte Hyperalgesie sich nahe an der Neuropathie und an klinischen Situationen orientiert, bei denen lang anhaltender (chronischer) Schmerz eine starke spinal-zentrale Hyperalgesiekomponente induziert, die sich zu der peripheren Hyperalgesiekomponente gesellt.
Kombiniert man das UV- und Capsaicinmodell mit der Laseralgesimetrie (und dessen zusätzlichem „kindling“ Einfluss) und/oder mechano-evozierten Potentialen (MEP) mit einem “Impactor” (siehe Versuchsaufbau für MEPs links) erlaubt dies klinische Zustände mit akut/inflammatorischen sowie länger-anhaltenden Schmerzen (z.B. nahe an chronisch/ neuropathischen Zuständen) zu imitieren und profitiert hierbei gleichzeitig von den Vorteilen des objektiv-quantitativen Ansatzes zur Messung der nociceptiven Verarbeitung.
Optionen
- Unterscheidung (auch) von moderaten und geringfügig unterschiedlichen anti-nociceptiven/ anti-hyperalgetischen Effekten von analgetisch wirkenden Substanzen, Dosierungen und Kombinationen, speziell unter dem Gesichtspunkt der Beeinflussung der peripheren und zentralen Hyperalgesie
- Messungen des Zeitverlaufs des anti-nociceptiven/anti-hyperalgetischen Effektes von Substanzen oder speziellen Formulierungen (z.B. „immediate oder prolonged release“/ IR & PR)
- Bestimmung der Dosis-Wirkungsbeziehung von Prüf-/ Entwicklungssubstanzen
- Ermittlung des Anteils von Einzelkomponenten zum analgetischen (Gesamt-) Effekt von Substanzkombinationen
- Gleichzeitige Bestimmung des pharmako-dynamischen Substanzeinflusses auf entzündliche Effekte, auf den Wachheitsgrad/ Vigilanz/ Performance, sowie auf pharmako-kinetische Komponenten/ Interaktionen (pk/pd)