PD-Methoden am Menschen im Detail

  • Objektive und subjektive (quantitative) Algesimetrie

Ein fortschrittlicher Ansatz in der Analgetika- und Schmerzforschung ist das experimentelle Humanmodell mittels objektiv-quantitativer Laser-Hitzereiz Algesimetrie (mit hoher Auflösung/ Differenzierung). Diese Methode ist eine anerkannte und validierte Alternative zu den rein subjektiven Schmerzeinschätzungen von Patienten unter klinischen Schmerzbedingungen (z.B. Einschätzungen mit Visuellen Analog Skalen/ VAS, mit gestuften Skalen/ Ordinalskalen oder mit sog. Schmerztagebüchern etc.). Ein CO2-Laser wird hierbei benutzt, um berührungslos mittels thermo-nociceptiver Reize (selektive Aδ- und C-Faserstimulation, TRPV1-3 Rezeptoren einschließend) Laser Evozierte Potenziale (LEP) im Vertex-Enzephalogramm auszulösen. Die anti-nociceptiven/ anti-hyperalgetischen Eigenschaften eines systemischen oder topischen Analgetikums können so objektiv und quantitativ durch Veränderungen von LEP-Variablen (v.a. durch Reduktionen der Amplituden) – z.B. gegenüber Placebo oder einem Referenzmedikament/ -analgetikum – demonstriert werden.
Der Hauptvorteil dieser thermisch-sensorischen Stimulation mittels CO2-Laser ist, dass hitzeempfindliche Ionen-Kanäle der polymodalen Nociceptoren vom Aδ-Faser (dünn-myelinisierten) und C-Faser (nicht-myelinisierten) Typ, ohne direkten Hautkontakt, selektiv stimuliert werden (die hohe Rezeptorspezifität ist auch bedingt durch die definierte und geringe Eindringtiefe in die Haut um die freien Endigungen der Nociceptoren-Terminals direkt zu erreichen). Die resultierenden zwei Hauptkomponenten des LEP’s (siehe Abb. links) werden hinsichtlich ihrer komplexen Peak-to-Peak (PtP) Amplitude, sowie auch hinsichtlich ihrer N2-Einzelkomponente, die v.a. auf peripheren Effekten in der (zentralen) nociceptiven ZNS- Verarbeitung/Projektion basiert, wie auch hinsichtlich der P2-Einzelkomponente, die v.a. auf den zentralen Prozessen der nociceptiven ZNS-Verarbeitung beruht, erfasst und analysiert.
Nociceptive Laserreize können auf normaler oder sensibilisierter Haut angewendet werden, als sogenanntes krankheitsadäquates Modell/ “gesunder Patient“ z.B. auf UVB– bestrahlter/ entzündeter/ “sonnenverbrannter“ Haut (letzterer Zustand ist nicht nur ein Modell, sondern stellt eine „echte Erkrankung“ dar, die alle wichtigen Elemente der sich entwickelnden inflammatorischen „Kaskade“ enthält, wie man sie unter klinischen Bedingungen, bei akuten post-traumatischen, post-operativen Schmerzzuständen kennt), wie auch auf Capsaicin-irritierter Haut (mit sich entwickelnder neurogener, gemischt primärer und sekundärer Hyperalgesie – durch anhaltenden nociceptiven Einstrom auf spinal-zentraler Ebene – sowie dem Auftreten einer Allodynie). Eine beträchtliche Anzahl von typischen und atypischen Analgetika bzw. Analgetikagruppen und Topika sind bei HPR über die Jahre untersucht worden (siehe Database analgesics LSEP_HPR) und können somit auch bei der „Reklassifikation“ von aktuellen pharmakologischen Entwicklungen hinsichtlich ihrer allgemeinen Wirksamkeit, ihres Wirkeintritts helfen, sowie zur Abklärung ihrer Zeit- und Dosiswirksamkeit helfen.

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  • Entzündungsmessung (Intensität, Farbe)

Der Rötungsgrad der durch UVB– und Capsaicin-induzierten inflammatorischen und neurogenen Hautveränderung und dessen Zeitverlauf kann mittels der objektiv-quantitativen Hautreflexionsspektrometrie quantifiziert werden (SRS, Erythemintensitätsmessung durch Bestimmung des a-Wertes des sog. Lab-Systems nach CIE-Definition oder durch die quantitative Farbspektrenvermessung, siehe Abb. links, Abblassen eines “Steady-State” UV-Erythems unter zwei verschiedenen NSAID Dosierungen). Die Fläche einer Capsaicin-induzierten „Flare-Area“ kann mittels Computer-Planimetrie bestimmt werden. Die SRS kann auch für die Vermessung von Hämatomintensitäten und –verläufen eingesetzt werden (z.B. bei Hämatominduktion durch Eigenblut-Injektionen und dessen zeitliches Farbabklingmuster mit und ohne topische Behandlung).

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  • Evozierte Potenziale:

Standardisierte visuelle, akustische oder somatosensorische Signale/Reize werden über die Hauptversuchstage hinweg während einer laufenden Prüfung vor und nach Medikationsverabreichung mehrfach dargeboten und reizbezogene evozierte Potenziale (ERPs, EPs), z.B. mittels Vertex- oder Occipital-EEG abgeleitet (AEPs, LEPs, SEPs, VEPs) und hinsichtlich ihrer Amplituden und Latenzen ausgewertet (siehe Abb. links), als objektives und quantitatives Maß für die sogenannten „spezifischen“ Vigilanz- und nociceptiven ZNS-Antworten, die aber überwiegend die rein afferente, periphere Informations-verarbeitung betreffen. Diese Methoden unterliegen keiner oder nur einer geringen Habituation. Die Aufmerksamkeit der Probanden wird während aller EP-Prozeduren durch die Ausführung einer sog. Pursuit Tracking Task (PTT, Target-Pursuer Paradigma, Auge-Hand-Koordination) stabil gehalten, sowie durch eine weitere Distraktions-maßnahme von äußeren Störeinflüssen durch Präsentation von binauralem „weißen Rauschen“ abgeschirmt (mit einem Schalldruck von 80 bis 90 dBA; die letztere Maßnahme entfällt bei der Durchführung von akustisch evozierten Potenzialen, AEPs).

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  • Standard-/Provokations-EEG und EEG-Brain Mapping:

Die Ruhe-, die vigilanz-kontrollierten und aufgaben-bezogenen Standard-EEG Modalitäten können aufgezeichnet und hinsichtlich ihrer absoluten und relativen spektralen Power, sowie der dominanten Frequenzen zur Beurteilung der individuellen, „unspezifischen“ Vigilanzzustände, z.B. unter Medikations- oder Hypoxieeinfluss, herangezogen werden  (bei spontan-endogen oder -exogen bedingten Fluktuationen der Vigilanz). Darüber hinaus können verschiedene Provokationsmethoden, wie z.B. Blitzlicht-Stimulation/Photic Driving, Hyperventilation und kompletter Schlafentzug eingesetzt werden, um die Neigung zu epileptischen/ hyperexcitatorischen Tendenzen im ZNS von Probanden aufzudecken (Spike-and-Wave [s/w] Erkennung, Krampfpotenziale). Bis zu 32 EEG-Kanäle können gleichzeitig abgeleitet werden.

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  • Oculodynamischer Test (ODT):

Sakkadische Augenbewegungen mit einer festen Zeitabfolge von 1s zu fix-positionierten, zufallsgesteuert dargebotenen Zielobjekten (5 verschiedene Licht-signale an 5 verschiedenen Orten der horizontalen Sehachse, siehe Abb. links) werden mittels Oberflächenelektroden an beiden Augen aufgezeichnet. Nach erfolgter automatischer online Artefaktverwerfung wird die Latenz (in ms, die polysynaptische retino-ponto muskuläre Reflexzeit repräsentierend), die sakkadische Winkelgeschwindigkeit (in °/s, die efferenten und myogenen Komponenten der Augenmuskulatur repräsentierend; das Auge ist das Organ mit der höchsten Innervationsdichte aller muskulärer Strukturen im menschlichen Körper) und die Fixationszeit (ms, die retinalen, neuronalen und zentralen Verarbeitungskomponenten repräsentierend) jeder einzelnen Augenbewegung (Sakkade) des linken und rechten Auges ausgewertet (600 bis 1200 pro Sitzung). Diese objektiv-dynamischen Parameter der Vigilanz, der psychomotorischen Fähigkeiten und der myogenen Bedingungen werden nicht durch motivationelle oder lernbedingte Einflüsse beeinflusst und unterliegen auch nicht der Habituation. In die ODT-Durchführung ist gleichzeitig eine komplexe Wahlreaktionsaufgabe (CRT) eingebaut (siehe Abb. oben). Die Kombination beider vermittelt ein hochkomplexes und objektiv-quantitatives Bild stimulativer und sedativer wie auch myogener Medikationseinflüsse auf die „spezifische“ Vigilanz mit ihrer afferenten und efferenten ZNS-Informations-Verarbeitung, die auch bei wichtigen alltagsgebundenen Aktivitäten wie z.B. der Fähigkeit zum Führen von Flugzeugen, Kraftfahrzeugen und bei der komplexen Maschinenbedienfähigkeit eine bedeutsame Rolle spielen.

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  • Komplexe Wahlreaktionsaufgabe (CRT):

Dieser Test ist normalerweise in die ODT-Durchführung integriert (siehe Abb. oben) kann aber ebenso separat (“stand-alone”) durchgeführt werden. Der Proband benützt eine ergonomisch gestaltete Tastatur zur Identifikation und Eingabe von 5 verschiedenen Lichtsignalen (modifizierte Pflüger’sche Haken) im Bereich der horizontalen visuellen Sehachse (nach Sakkaden von 15, 30, 45 und 60° Sprunggröße). Der Mittelwert der korrekt und/oder  falsch beantworteten Anzahl von Lichtsignalen (pro min) spiegelt die Qualität der aufmerksamkeits-/ kognitions-bezogenen ZNS-Informationsverarbeitung wider. Die mittlere komplexe Wahlreaktionszeit (in ms) ist eine geschwindigkeitsbezogene Größe der psychomotorischen Informationsverarbeitung (afferente und efferente Wege der ZNS-Verarbeitung umfassend). Beide Parameter sind eng mit den oben erwähnten, notwendigen, alltäglichen Aufgaben/ Tätigkeiten verbunden.

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  • Elektroretinogramm (ERG):

Das ERG ist eine spezielle Form des evozierten Potenzials (aufgezeichnet am Auge). HPR hat eine sehr komfortable Methode entwickelt, um das ERG mittels einfacher Oberflächenelektroden abzuleiten. Die Retina ist das einzige extrakranielle Organ, das funktionelle Gliazellen enthält (die Müller’schen Stützzellen). Das ATP-abhängige K-Pumpensystem der Retina ist die Basis für das bedeutendste retinale Signal – die b-Welle. Da die Retina und somit auch das ERG äußerst empfindlich auf Hypoxie reagiert, kann das ERG dazu benutzt werden, um Medikationseffekte aufzudecken, die hypoxie-bedingte funktionelle Defizite lokaler Neurotransmitter, deren Rezeptoren, oder des ZNS-Stoffwechsels und damit die Versorgung mit essentiellen Substraten (wie O2, Glukose, ATP) und Transmittern in positive Bereiche zurückführen können. Während der einzelnen ERG-Messungen kann simultan das visuell evozierte Potenzial (VEP) des identischen optischen Reizes über dem occipitalen Kortex erfasst und ausgewertet werden. Das ERG hat auch Veränderungen nach Gabe „membran-aktiver“ Medikationen gezeigt, wie z.B. nach der Mehrfachgabe von Lipidsenkern an gesunden Studienteilnehmern!

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  • Pursuit Tracking Test (PTT)/ Auge-Hand-Koordination:

Diese vigilanz- und psychomotorik-bezogene ZNS-Informationsverarbeitungsmessung verlangt vom Probanden auf einem Computerbildschirm einem sich zufällig bewegenden Ziel mit einem Verfolgersignal (mittels Joystick) bestmöglich zu folgen bzw. beide zur Deckung zu bringen. Der „Fehlervektor“ (v aus x- und y-Achsenabweichung, siehe Abb. links) zwischen Ziel und Vorgabe wird ständig ausgewertet. Er liefert Informationen über die Steuerungs-/ Koordinationsmöglichkeiten unter Wachheit und Ermüdung, sowie unter Medikationseinflüssen, wie sie zur Beurteilung der Fahrtüchtigkeit, Flugtauglichkeit und der aktuellen komplexen Maschinenbedienfähigkeit erforderlich sind (Auge-Hand-Koordination/ visu-motorische Fähigkeiten). Dieser PC-gestützte Testaufbau wird auch benutzt, um in den diversen EP-Sitzungen (LEP, SEP, VEP) die generellen Vigilanzbedingungen für die Probanden zu stabilisieren sowie auch die Probanden vom tatsächlichen Geschehen des laufenden Meßvorganges abzulenken.

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  • Evaluierung von CRF-Daten und P&P-Fragebögen mit computer-gestützten Methoden:

Daten von CRFs, Multiple-Choice Fragebögen (z.B. Psychiatrische Skalen), Visuellen Analog Skalen (VAS) und kodierten experimentellen und klinischen pd-Parametern (z.B. BP, HR, Temperatur etc.) können mittels Computern automatisch erfasst, ausgewertet und in einem geschützten Modus (mit einer individuellen Quersumme/Checksum) kodiert gespeichert werden (z.B. als “protected” Excel Sheets für spätere Daten-Management und Statistik Prozeduren).

  • Visuelle Analog Skalen (100mm):

Statt der Benutzung von uni- und/oder bipolaren 100mm “Paper&Pencil” Visuellen Analog Skalen hat HPR eine Methode zum direkten VAS-Eintrag auf einem Tablet-PC entwickelt, die z.B. für das subjektive Online-Rating/ Scoring von Zuständen wie Sedation/ Exzitation, Angst/ Ausgeglichenheit, Schmerz/ Analgesie sowie zur Beurteilung anderer subjektiver Qualitäten dient.

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